Bifaciale Solarmodule – Module mit beidseitig photoaktiven Zellen
Was bedeutet „bifacial“?
„Bifacial“ – auch “bifazial” geschrieben – heißt wörtlich übersetzt „zweigesichtig“ von „bi“ (zwei) und „facies“ Gesicht. Der lateinische Begriff wird seit langem in der Botanik verwendet, hier werden Laubblätter mit bestimmten Eigenschaften als bifacial bezeichnet. Auch das Konzept der bifacialen Solarmodule ist nicht neu. Es wurde bereits im Jahr 1960 von einem japanischen Forscher vorgestellt, damals handelte es sich allerdings noch um eine Zweifach-Solarzelle. In der Folgezeit wurden erste bifaciale Einfach-Solarzellen vorgeschlagen, die das Prinzip der Rückseitenpassivierung nutzten, wie es heute bei den PERC-Zellen zum Einsatz kommt.
Seit Mitte der 1970er Jahre werden bifaciale Solarzellen in der Weltraumforschung eingesetzt, so zur Energieversorgung der internationalen Weltraumstation. Erst kurz vor der Jahrtausendwende fanden bifaciale Solarmodule auch auf der Erde Verwendung, hier zuerst als Teil einer Schallschutzwand. Anfang der 2000er Jahre wurden die Module dann vor allem von japanischen Herstellern in die Massenfertigung überführt.

Wie funktionieren bifaciale Solarmodule?
Ein bifaciales Solarmodul unterscheidet sich nur geringfügig von einem Standardmodul. Die Panele gibt es in verschiedenen Ausführungen, so z. B. als bifaciale PERC-Module oder als bifaciale Heterojunktion-Module. Durch Modifizierung der Standardzellen (genauer der Rückseitenkontakte) erreicht man, dass auch von der Rückseite Photonen in die Zelle eindringen können. Diese Photonen werden zwar weniger effizient genutzt, erhöhen aber als zusätzlicher Energieeintrag den Wirkungsgrad des Gesamtmoduls. Der sogenannte Bifazialfaktor ist das Verhältnis zwischen den Stromerträgen aus rückseitig und vorderseitig auffallendem Licht. In der Praxis liegt er zwischen 70 und 95 %.
Welche Vorteile bieten bifaciale Solarmodule?
Der größte Vorteil von bifacialen Solarmodulen ist der zusätzliche Ertrag, der bis zu 25 % betragen kann. Der „bifaciale Zugewinn“ (Quelle) zeigt sich insbesondere in den Sommermonaten. Die Höhe des Mehrertrags hängt aber nicht nur von den Moduleigenschaften, sondern auch von der Art der Montage und der Umgebung der PV-Anlage ab. Bei Aufdach-Installationen über schwarzen Dächern ist aufgrund der schwachen Reflektion und des geringen Abstandes zum Dach kein großer Zugewinn zu erwarten. Anders bei aufgeständerten oder senkrecht stehenden Modulen.
Bifaciale Module bringen insbesondere bei widrigen Umweltbedingungen ihre Vorzüge zur Geltung, da sie auch bei geringer Lichtstärke oder Streulicht effektiv Solarstrom erzeugen können. Hinzu kommt der kleinere Temperaturkoeffizient im Vergleich zu Standardmodulen. Das heißt, die Leistungseinbußen bei Temperaturerhöhung fallen geringer aus.
Aufgrund der Photoaktivität beider Seiten werden bifaciale Solarmodule vorrangig als Glas-Glas-Module ausgeführt, was sich positiv auf Langlebigkeit und Beständigkeit gegenüber Witterungseinflüssen auswirkt.
Wie werden bifaciale Module hergestellt?
Der Herstellungsprozess bifazialer Solarmodule unterscheidet sich kaum von dem der Standardmodule, da der wesentliche Unterschied im Design des Rückseitenkontaktes der Solarzelle besteht. Allerdings sind zusätzliche Produktionsschritte notwendig. So muss die Rückseite der Zellen poliert, passiviert und anschließend wieder für die Kontaktierung geöffnet werden. Der große Vorteil: Die Erweiterungen lassen sich gut in bestehende Fertigungen integrieren.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass die Bifazialität in den meisten Fällen mit einer anderen technischen Neuerung einhergeht, der Einführung der Halbzellen. Die mittige Teilung der typischen quadratischen Solarzellen in zwei rechteckige Hälften, führt ebenfalls zu einem höheren Solarertrag.
Die Produktion bifacialer (Halbzellen-)Module ist erst einmal teurer als die von Standardmodulen. Allerdings hat der höhere Ertrag – höhere Erträge bedeuten auch immer höhere Verkaufspreise – dazu geführt, dass immer mehr Hersteller auf die bifaciale Halbzellen-Module umgestiegen sind und sich die Anzahl der produzierten Solarmodule dadurch deutlich erhöht hat. Durch den Skaleneffekt sind die Stückkosten gesunken und der Preisvorteil der Standardmodule ist zusammengeschmolzen. Tatsächlich zeichnet sich ab, dass die bifacialen Halbzellen-Module die altbewährten monofacialen Vollzellenmodule auf längere Sicht vom Markt verdrängen.

Wo werden bifaciale Solarmodule eingesetzt?
Solarmodule haben immer eine gewisse Transparenz, denn zwischen den Zellen und zum Rand hin, gibt es einen Abstand. Licht, das durch diese Spalten fällt, und nicht von einer dunklen Rückseitenfolie absorbiert wird, kann vom Untergrund reflektiert werden. Beim neuerlichen Eindringen in die Solarzelle können die Photonen zusätzliche Elektronen anregen - die Voraussetzung für einen Stromfluss. Es ist dabei leicht nachvollziehbar, dass Aufdach-Anlagen nicht die optimale Anwendung für bifaciale Solarmodule sind, da sie häufig auf dunklen, wenig reflektierenden Dächern errichtet werden. Auch ist der Abstand zwischen Modul und Dach sehr gering, so dass kein direktes und wenig seitlich reflektiertes Licht auf die Rückseite der Module fällt. Viel mehr als 1 bis 2 % Mehrertrag sind so kaum zu erreichen.
Wesentlich wirkungsvoller ist die Bifacialität bei aufgeständerten Modulen, bei denen Sonnenlicht direkt auf die Rückseite fallen oder von hellen Oberflächen reflektiert werden kann. Die bifacialen Module entfalten ihre Vorteile also besonders gut bei Solarcarports und -terrassen, aufgeständert für die Agri-Photovoltaik und bei Flachdachanlagen mit steilem Anstellwinkel. Auch für Fassadenanlagen, die vor weiße Wandflächen gesetzt werden, sind bifaciale Solarmodule besonders gut geeignet. In jüngster Zeit wird intensiv der Einsatz für senkrecht aufgestellte, in Ost-West-Richtung ausgerichtete Module diskutiert (PV-Zaun, Agri-Photovoltaik), eine Anwendung, die erst mit bifacialen Modulen ihr volles Potenzial entfaltet.